03.11.2021 | Alumni-Story, Blog

Alumni Erfahrungsbericht Entstrickung

Ein Artikel von: Christin Colli

In unserer neuen Artikel-Reihe „Alumni-Stories“ berichten unsere Alumni, wie es bei ihnen nach der Ausbildung weitergegangen ist, was sie gelernt haben und was sich in ihrem Leben verändert hat. Diesen Beitrag hat Sonja Brinkmann mit uns geteilt.

Im August 2021 hatte Alumni Sonja Brinkmann eine Entstrickungsaufstellung mit Alexandra Schwarz-Schilling in der Coaching Spirale. In diesem Interview gewährt sie exklusiven Einblick in ihre Erfahrung und berichtet, wie es dazu kam, wie es ihr während der Aufstellung und danach ergangen ist und was die Entstrickung in ihrem Leben gelöst hat.

Liebe Sonja, du hattest kürzlich eine Entstrickungsaufstellung bei Alexandra Schwarz-Schilling, wie kam es dazu?

Ich hatte meine Einzelcoachings aus der Coachingausbildung und aus dem Assistent:innenprogramm bei Alexandra und habe währenddessen viel von der Problematik mit meiner Familie und dem Druck, den ich da spürte, erzählt, und dann sagte sie, das schreie förmlich nach einer Entstrickungsaufstellung. Das war für mich der richtige Weg und genau das, was ich mir gewünscht hatte.

Kanntest du die Methode der Aufstellungen bzw. Entstrickungen schon vorher?

Nur im Rahmen der Ausbildung – einmal als Zuschauerin und ein weiteres Mal, als ich mich als Stellvertreterin aufstellen ließ. Diese beiden Male erlebte ich als so intensiv und beeindruckend, dass ich sehr neugierig war, dies auch für meine Familienkonstellation kennen zu lernen.

Wie hast du die Aufstellung wahrgenommen, wie ging es dir dabei?

Vorab war ich sehr aufgeregt und angespannt. Ich habe mir Gedanken gemacht, ob ich mich vorbereiten muss oder nicht. Im Grunde wusste ich aber, dass ich dem Prozess Vertrauen schenken kann und alles so geschehen lassen darf, wie es kommt. Kurz bevor es losging war ich nochmal ziemlich nervös und gleichzeitig glücklich darüber, dass ich jetzt diese Chance nutzen darf.

Beim Auswählen der Personen hatte sich dann immer mal wieder mein Verstand eingeschaltet und hinterfragt, ob die Personen, dich ich auswähle, meinen Familienmitgliedern überhaupt ähnlich sind. Doch dann habe ich diese Gedanken bewusst losgelassen und darauf vertraut, dass ich intuitiv schon die richtigen Personen auswählen werde. Und so war es dann auch. Bei einigen Familienmitgliedern war es ganz leicht und bei anderen etwas schwieriger. Als ich alle Stellvertreter:innen ausgewählt hatte war es sehr stimmig für mich.

Danach sollte ich mir eine Position im Raum suchen, das fiel mir recht leicht. Im Anschluss haben sich die Stellvertreter:innen einen Platz im Raum gesucht. Dabei hatte ich das Bedürfnis meine Augen zu schließen, um zu spüren. Als ich die Augen aufmachte war ich teilweise überrascht, z.B. dass meine Mutter hinter mir und meine Schwester mir am nächsten stand. Meine verstorbenen Großeltern standen mir direkt gegenüber, was sehr aufregend war. Da habe ich meinen Herzschlag intensiv gespürt.

Dann fragte Alexandra, wo in meinem Körper ich die Verstrickungen verspüre. Ich fand es spannend, dass ich ohne zu überlegen die jeweiligen Stellen direkt fühlen und benennen konnte. Dann wurden die Stricke gezogen und von den Stellvertreter:innen wahrgenommen. Dass z.B. meine Schwester die stärksten Verstrickungen gespürt hat, obwohl sie mir so nahestand, war zunächst auch überraschend, aber insgesamt alles sehr stimmig für mich.

Der Verstand war dann ab dem Moment nahezu ausgeschaltet. Ich war total drin im Prozess und habe meine Familienmitglieder auch gut in den Stellvertreter:innen wahrnehmen können. Es hat mich gefreut, dass ich da so gut einsteigen konnte.

Wie ging es dir danach?

Unmittelbar danach war ich sehr erleichtert, da eine große Schwere von mir abgefallen war. Dieses leichte Gefühl habe ich besonders im Herzraum wahrgenommen. Körperlich war ich allerdings total erschöpft. Die Aufstellung dauerte fast 3 Stunden, ich stand die meiste Zeit wie angewurzelt da, habe intensive Emotionen durchlebt und hatte am nächsten Tag Muskelkater in den Beinen. Doch das kräftige Ausschütteln nach der Aufstellung und der Heimweg mit dem Rad haben mir sehr gut getan, um alles wieder ins Fließen zu bringen. Aber wie gesagt, besonders im Herzen habe ich mich sehr leicht gefühlt und war insgesamt unglaublich dankbar für den Prozess. Es fühlt sich für mich an, als ob die durch den alten Schmerz gebundene Energie frei geworden ist und ich spüre diesen frei gewordenen Raum sehr stark. Das ist schön und gleichzeitig beängstigend, da es ungewohnt ist. Aber ich genieße diesen neuen Raum sehr und freue mich darauf ihn positiv für mich zu nutzen.

Und wie geht es dir jetzt, mit einem Abstand von ca. 2 Wochen? Ist dir etwas klarer geworden?

Ja, auf jeden Fall, auf unterschiedliche Art und Weise. Während einer Aufstellung wird einem die Komplexität der Themen bewusst, wie sehr diese miteinander verwoben sind und sich durch mehrere Generationen ziehen. Mit dieser Methode kann Klarheit geschaffen werden und Unbewusstes an die Oberfläche treten. Mir ist deutlich geworden, welchen Unterschied es macht und wie erleichternd es ist, wenn man die eigenen Gedanken tatsächlich mal ausspricht und Angst, Wut und Unverständnis zum Ausdruck bringt. Vor allem Gedanken, die ich bisher nur mit mir selbst, mit Freunden oder meinem Partner geteilt hatte, da ich nie den Mut hatte, es meinen Familienmitgliedern persönlich zu sagen. Dank der Entstrickung konnte ich diese Dinge nicht nur aussprechen und damit auch loslassen, sondern den Stellvertreter:innen der betreffenden Personen direkt mitteilen. Auf diese Art konnte ich sogar mit während meiner Kindheit durch Suizid verstorbenen Familienmitgliedern in Kontakt gehen. Es ist eine wunderbare Möglichkeit zu reflektieren, was hinter den eigenen Gedanken und Emotionen steckt und was mein persönlicher Anteil bei der Verstrickung ist.

Da hat mich die Aufstellung einen Riesenschritt weitergebracht, obwohl ich einige Themen schon länger bearbeitet und auch in Therapien besprochen habe. Ich konnte Fragen stellen, habe Antworten bekommen und konnte auch noch mal Abschied nehmen. Ich durfte auch richtig wütend sein und vor allem meiner kindlichen Wut endlich noch mal Raum geben. Dadurch überlagert nun diese Schwere, die mit dem Tod meiner Großeltern einherging, nicht mehr. Ich kann jetzt ihren Weg anerkennen und habe mehr Verständnis bekommen für ihre Entscheidungen. Nun spüre ich viel Liebe und Akzeptanz für den Weg, den sie letztlich gegangen sind. Insgesamt spüre ich mehr Verständnis und Anerkennung für den Weg von jedem einzelnen Familienmitglied und den ganz individuellen Umgang mit unseren Familienthemen.

Auch in der Beziehung zu meinen lebenden Verwandten kann ich deutlich einen Unterschied wahrnehmen. Vorher war ich immer sehr verantwortlich für alle und habe die Rolle der Vermittlerin übernommen. Während der Aufstellung wurde ich von allen aus dieser Rolle entlassen und ich habe aktiv die Verantwortung zurückgegeben. Jetzt kann ich mit einem ganz neuen Gefühl mehr Verantwortung für mich und mein Leben übernehmen. Tatsächlich macht meine Familie es mir nun sehr leicht! Es gab einen erstaunlichen und magischen Moment mit meinem Vater, der meine Überzeugung an Entstrickungs- und Aufstellungsarbeit noch mal bestätigt und zeigt, dass es wirklich möglich ist, Dinge im System in Bewegung zu bringen und auch zu verändern, obwohl die anderen Menschen nicht anwesend sind.

Würdest du diese Methode weiterempfehlen?

Auf jeden Fall, ich wüsste keinen Grund, der dagegenspricht. Es ist eine sehr intensive Methode, meiner Erfahrung nach. Und gleichzeitig auch extrem wirkungsvoll. Es macht einen Unterschied, ob man Stellvertreter:innen hat, mit denen man in einen Dialog treten kann oder ob man es einer:m Außenstehenden erzählt, wie im Coaching oder der Therapie. Und man kann in kurzer Zeit viel aufräumen, es ist also durchaus effektiv.

Bei mir haben sich alte tiefliegende Knotenpunkte und Verstrickungen gelöst und dadurch habe ich viel Raum gewonnen und kann für mich entscheiden, wie ich damit umgehe und wie ich den Raum fülle.

Ich kann diese Methode jedem ans Herz legen. Ich selbst hatte vorher richtig Angst, gerade den Verstorbenen gegenüberzutreten, aber es war sehr befreiend und die Angst im Nachhinein unbegründet. Und ich kann nur jeden ermutigen, sich dem zu stellen und es als Chance für sich und das eigene Familiensystem zu nutzen. Und als Tipp: wenn man sich dafür entscheidet, sollte man sich völlig darauf einlassen, was natürlich leichtfällt, wenn es jemand anleitet, dem man vertraut, so wie in meinem Fall Alexandra, die mich sehr professionell und vertrauensvoll durchgeleitet hat.

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